„Kleider machen Leute“, wusste der Schweizer Dichter Gottfried Keller schon 1874. Aber was machen die Leute später mit den Kleidern? Wenn große Karos ein klein wenig out sind, die Nach- barn bei Kobaltblau rotsehen, weil sie die längst vergangene Saison sehen, oder aus der zierlichen Größe 36 eine stattliche 40 wurde? 100 Jahre nach Gottfried Kellers Novelle gab es eine Novität: die Secondhand-Boutique. Heute ist Gestern chic, nennt sich Vintage oder retro und landet bei eBay. Oder bei PragA. Auch Prada, Dior, Versace, Gucci, Hermès oder Jil Sander … Elke Tubandt heißt die Projektleiterin dieser ganz besonderen, 200 m2 großen Boutique in Stuttgart Nord. Besonders nicht nur der prominenten oder weniger prominenten Modemarken wegen – denn auch Hasi & Mausi (H&M), Chic und Anton (C&A) oder die Kreationen anderer, weniger nobler Labels landen hier. Ganz besonders? Wegen der Idee dahinter: Die Secondhand-Boutique PragA ist ein Arbeits projekt des Caritasverbands für Stuttgart e.V. und der katholischen Kirchengemeinde St. Georg, unterstützt durch die evangelische Kir- chengemeinde Stuttgart Nord, erläutert Projektpartnerin Petra Reichelt. 2006 entstand die Idee, im Stuttgarter Norden ein Projekt für arbeitslose Menschen einzurichten. Die Struktur des Stadtteils und das bestehende Angebot sprachen für ein Projekt für arbeitslose Frauen; vorrangig Alleinerziehende und Frauen mit Migrationshinter- grund. Auch, um sie so auf einen Wiedereinstieg ins Berufsleben vorzubereiten. 2008 wurde PragA eröffnet. Mit Ehrenamtlichen und engagierten Frauen, die sich durch Secondhand eine second chance erarbeiten. Wobei sie zusätzlich für anstehende Bewerbungen ge- schult und bei der Suche nach Praktika, Arbeits- und Ausbildungs- stellen unterstützt werden. 49SOCIAL